Schwarze StubeMit der berühmten „Schwarzen Stube“ ist eines der bedeutendsten Schweizer Zeugnisse mittelalterlichen Wohnens und zugleich eines unserer schönsten Projekte im Forum Schweizer Geschichte Schwyz wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Projekt begann für uns im September 2013 mit der Begehung zweier Häuser im Gütschweg in Schwyz auf Betreiben des kantonalen Denkmalpflegers. Dabei hofften wir, die auf dem Nideröstplan von 1746 bzw 1786 angegebene Mühle festmachen zu können, die auch anhand von Schriftquellen seit dem 16. Jahrhundert belegt ist.

Beim ersten Freilegen der vermeintlichen Westfassaden stiessen wir auf eine lukenförmige Fensteröffnung und konnten sicher sein: Wir sind im beginnenden 14. Jahrhundert. Drei Tage später lag der dendrochronologische Befund des Laboratoire Romand de Dendrochronologie aus Moudon vor: Die Bäume für dieses Haus wurden jeweils im Herbst/Winter 1306/07 sowie 1307/08 gefällt.

Glücklicherweise war von Anfang an ein tachymetrisches Aufmass der beiden stetig durch Anbauten gewachsenen Gebäude Gütschweg 19 und Gütschweg 11-13 geplant, so dass wir mit korrekten Planaufnahmen arbeiten konnten. Im Rahmen des bauarchäologischen Kurzuntersuchs war ein Raumbuch des Gründungsbaus geplant. Mit Hilfe zweier von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Helfern konnten die oft mehrere Zentimeter dicken Wandverkleidungen entfernt werden. Das Ergebnis war eine Sensation: Das Anwesen Gütschweg 19, wahrscheinlich als Mühle am Dorfbach errichtet, war vermutlich im Frühling/Sommer 1308 erbaut worden, stets mit Anbauten und den jeweils üblichen Wandverkleidungen versehen worden. Im Kern jedoch erhielt sich der Bockbau des beginnenden 14. Jahrhunderts bis ins Giebelfeld.

Das benachbart liegende Anwesen Gütschweg 11-13 war noch vollständiger erhalten: Ausser der Nordostecke des Hauses, die durch einen nachträglichen Anbau entfernt worden ist, war das Haus aus dem Jahr 1311 bis zur Firstpfette erhalten! Da der Gestaltungsplan bereits vom Regierungsrat genehmigt war, konnte die Überbauung des Quartiers nicht mehr verhindert werden.

Gemäss eines Regierungsratsbeschlusses sollte die Stube, die nachträgliche, um 1530 eingebrachte Wandmalereien zeigt, dokumentiert und gelagert werden. Dies ermöglichte ausführliche Untersuchungen, unter anderem des zuvor schon in anderen mittelalterlichen Häusern aufgefallenen Wandfarbe. Das Resultat war erneut spektakulär: Es handelt sich nicht um Verrussung durch die offene Rauchküche, sondern um einen bewusst unmittelbar nach dem Errichten des Blockbaus aufgebrachten Wandanstrich, bestehenden aus Russpigmenten und einem tierischen oder pflanzlichen Bindemittel. Der polierte Farbauftrag verleiht der Holzoberfläche den edlen matten, leicht glänzenden Ton.

Nach Restaurierung und zum Teil Ergänzung wurde die schwarze Stube nun unweit ihres ursprünglichen Standortes im Forum Schweizer Geschichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

 


> Artikel der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 20.11.2015 (html)

> Beitrag in SRF 3 vom 17.11.2015 (html)

> Sendung auf „tele 1“ mit Ulrike Gollnick (html)

> Artikel der „Süddeutschen Zeitung“ vom 9.9.2014 (html)

> Forum Schweizer Geschichte (html)

 


 

Schwarze Stube

Wie alles begann: Schwyz, Gütschweg 19, 1308 dendrodatiert, ehemalige Westfassade mit lukenförmiger Fensteröffnung (Foto: Ulrike Gollnick)

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